Die versteckten Dogmen des Materialismus

 

 

von Prof. Dr. Hans-Dieter Mutschler

Der heute herrschende Materialismus gibt vor, eine direkte Konsequenz der Natur­wis­sen­schaft zu sein, aber das scheint nicht der Fall.[1] Man muss, um die Naturwissenschaft in eine materialistische Instanz zu verwandeln, drei hochspekulative Prämissen als wahr unterstellen, die nicht aus der Wissen­schaft stammen können:

 

1) Allein schon das Materieprinzip als letzter Grund allen Seins kann keine Konsequenz der Physik sein. Die Physik ist, wie alle empirische Wissenschaft, hypothetisch und daher nicht in der Lage, ein Letztes, nicht mehr relativierbares Prinzip zu begründen, abgesehen davon, dass der Begriff der ‘Materie’ in keiner physikalischen Theorie vorkommt. ‘Masse’, was man oft dafür hält, ist eine Eigenschaft der Materie, nicht sie selbst.

 

2) Die Hierarchie der verschiedenen Komplexitätsstufen wird nach materialistischer Doktrin durch das Supervenienzprinzip beschrieben, wonach die ‘Basis’ den ‘Überbau’ bestimmt. Das ist aber häufig nicht der Fall, so z.B. bei den verschränkten Systemen der Quantentheorie, bei den Transmitterstoffen in der Biologie, deren chemische Zusammensetzung die Funktion im Ge­samt des Lebewesens nicht festlegt und in vielen anderen Fäl­len mehr.

 

3) Das Theorem von der ‘kausalen Geschlossenheit der Welt’, das jede geistige Wirkung ‘von oben’ ausschliesst, ist schon allein deshalb fraglich, weil es keinen allgemein akzeptierten Begriff von ‘Kausalität’ gibt. Überdies gilt auch hier, dass dieser Begriff in der Physik nirgends vorkommt.

 

Die Indienstnahme der Naturwissenschaft zum Zwecke des weltan­schaulichen Materialismus hängt also in der Luft und das er­klärt sehr leicht, weshalb grosse Naturwissenschaftler wie Planck, Einstein oder Heisenberg keine Materialisten waren.

 

[1] Mutschler, Hans-Dieter (2014): Halbierte Wirklichkeit. Warum der Materialismus die Welt nicht erklärt. Butzon & Bercker, Darmstadt, 344 S.

Mutschler, Hans-Dieter (2016): Alles Materie - oder was? Echter, Würzburg, 208 S.